Lexikon
Surrealismus in Film und Fotografie

Der Surrealismus führte nicht nur in Malerei und Graphik wegweisende Techniken ein, er bewirkte auch eine neuartige Ästhetik in Film und Fotografie.
Bereits seit 1924 war der Film ein Medium des Surrealismus, wie Arbeiten von Man Ray, Francis Picabia und Marcel Duchamp belegen können. Die Hauptwerke des surrealistischen Films stammen jedoch aus Spanien. "Un chien andalou" (Ein andalusischer Hund) von Luis Buñuel unter Mitarbeit von Salvador Dalí aus dem Jahr 1929 rechnet dabei zu den bedeutendsten Arbeiten. Eine von aller "Tradition befreite Poesie" war das erklärte Ziel des "chien andalou", und das Prinzip der "Kombinatorik" fand auch hier Verwendung: Anstelle einer logischen Handlungsfolge steht die gezielt absurde Montage irritierender Sequenzen, die teilweise schockierende Wirkung entfalten. Die Uraufführung des "chien andalou" wurde mit Musik von Beethoven und Wagner untermalt, um die suggestive Wirkkraft der bewegten Bilder zu erhöhen. Ein Jahr nach "Un chien andalou" folgte "L'Âge d'Or" (Das goldene Zeitalter), ein ebenfalls von Luis Buñuel und Salvador Dalí erdachter Film.
Neben dem Film war es die noch junge Technik der Fotografie, die vom Surrealismus als erster Kunstströmung der Moderne großflächig integriert wurde - mit Jacques-André Boiffard rechnete sogar ein Fotograf 1924 zu den Gründungsvätern des Pariser Surrealismus. Wahn, Verwandlung und Fetisch waren bevorzugte Themenfelder der surrealistischen Fotografie, die sich formal ebenfalls der "Kombinatorik" bediente. Man Ray, Eli Lotar, Claude Cahun, Brassaï, Raoul Ubac, Lee Miller und Dora Maar waren Hauptvertreter der surrealistischen Fotografie, mit der auch Maler wie Salvador Dalí, René Magritte und Hans Bellmer experimentierten. Auch die Fotografie trug somit wesentlich zur ästhetischen Positionierung des Surrealismus bei, der sich mit seiner medialen Offenheit einmal mehr als Bahnbrecher späterer Entwicklungen erwiesen hatte.