Auktion: 496 / Evening Sale am 06.12.2019 in München Lot 178

 

178
Konrad Klapheck
Die Verschwörung, 1967.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 312.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Die Verschwörung. 1967.
Öl auf Leinwand.
Interner Œuvre-Katalog Nr. 179. Verso signiert und datiert sowie auf dem Keilrahmen betitelt. 109 x 80 cm (42,9 x 31,4 in).
Das nahezu motivgleiche Gemälde "Das Horoskop" (1966) befindet sich in der Sammlung der Pinakothek der Moderne, München.
• Charakteristische frühe Arbeit aus den gefragten 1960er Jahren.
• Besonders ist die leuchtend-reduzierte Farbigkeit und der filigrane Bildgegenstand.
• Ein nahezu motivgleiches, jedoch weniger progressiv umgesetztes Gemälde befindet sich in der Sammlung der Pinakothek der Moderne, München.
• Marktfrische Arbeit aus langjährigem Privatbesitz in herausragender Qualität
.

PROVENIENZ: Marie-Louise Jeanneret - Art Moderne, Genf (auf der Rahmenrückwand mit dem Etikett).
Christies, 20.5.1993, Lot 630.
Privatsammlung Bremen (seit 1993).

AUSSTELLUNG: Konrad Klapheck, Museum Boijmans van Beuningen, Rotterdam, 14.9.-3.11.1974; Palais des Beaux-Arts, Brüssel, 14.11.1974-5.1.1975; Städtische Kunsthalle, Düsseldorf, 15.2.-31.3.1975 (auf der Rahmenrückwand mit dem Etikett), Kat.-Nr. 56, mit Abb. S. 133.

LITERATUR: Vgl. Konrad Klapheck. Retrospektive 1955-1985, hrsg. v. Werner Hofmann, München 1985, S. 92.
"Von den Photo-Realisten [..] trennen ihn [Klapheck] die dezidierte Veränderung, die sich da zwischen Ding und Bild vollzieht, der hohe Abstraktionsgrad seiner Objekte, ihre Herauslösung aus dem natürlichen Ambiente und damit - trotz allem - ihre Wirklichkeitsferne, ihr Fetischcharakter, ihre emblematische Stilisierung. Dies alles aber bedeutet, dass Klaphecks Bilder weder zu verwechseln sind mit dem, was andere machen, noch mit dem, was sie wiedergeben."
Werner Schmalenbach, 1976, zit. nach: Konrad Klapheck. Objekte zwischen Fetisch und Libido, Basel, Galerie Beyeler 1976, o. S.

Konrad Klaphecks künstlerisches Lebensthema und kunsthistorisches Alleinstellungsmerkmal ist die Fokussierung auf den Gegenstand. Bereits Mitte der 1950er Jahre beginnt er mit seinen Schreibmaschinen-Bildern, die er zunächst noch realitätsgetreu wiederzugeben versucht, die fortan aber durch Monumentalisierung, Ausschnitthaftigkeit und Isolation immer mehr von ihrem Vorbild verfremdet und zunehmend auch mit interpretierenden Titeln wie "Der Chef" (Kunstmuseum Düsseldorf) oder "Der Diktator" (Museum Ludwig, Köln) belegt werden. Zeitgleich widmet sich Konrad Klapheck mit Nähmaschinen, Bügeleisen, Telefonen und Wasserkochern auch anderen Maschinen des häuslichen Alltags. Für Klapheck ist seine Malerei auch immer künstlerische Vergangenheitsbewältigung, malerische Aufarbeitung und Dokumentation frühkindlicher Erinnerungen. Und wie bereits Klaphecks vermenschlichende Bildtitel deutlich machen, sind seine Maschinen-Bilder, einem bis dahin völlig neuartigen Sujet, auch zugleich immer Bilder des Menschen. So hat Klapheck rückblickend festgehalten: "Also in den ersten Jahren, als ich mich ausschließlich auf die Technik, auf die Maschinen, auf die kleine Technik von Haushalt und Büro konzentriert habe, bin ich natürlich manchmal, besonders von älteren Menschen, von den Freundinnen meiner Mutter oder meiner Schwiegermutter, gefragt worden: 'Ja, Sie haben doch so entzückende Kinder, wollen Sie nicht die mal malen? Und warum klammern Sie den Menschen aus?' Und damals habe ich immer gedacht: Aber der Mensch steht doch im Zentrum meines Werkes, er ist doch das Thema! Aber ich benutze die Instrumente, deren sich der Mensch bedient. Seit der Steinzeit hat sich der Mensch Selbstbildnisse geschaffen, vom ersten Steinkeil angefangen bis zum Computer von heute. Der Mensch spiegelt sich ja in den Gebrauchsgegenständen, die er geschaffen hat" (Konrad Klapheck, 2002, zit. nach: Klapheck. Bilder und Texte, München 2013, S. 114).
In unserer frühen, strahlend hellen Arbeit "Die Verschwörung" widmet sich Klapheck nicht mehr dem Telefon selbst, sondern radikalisiert sein Bildthema weiter und erklärt nun sogar die häusliche Zuleitung samt Kabel, Porzellanisolatoren und deren exzentrischem Schattenwurf zum zentralen Bildgegenstand. Zwei thematisch und motivisch sehr ähnliche Bilder befinden sich in der Sammlung der Pinakothek der Moderne in München: Zum einen "Der Angeber" (1965; vormals Sammlung Wormland), für welches ein mit einem Vorhängeschloss gesicherter, wandmontierter Hebel der Straßenbahnoberleitung Klapheck als Anregung diente, und das bereits 1979 angekaufte Gemälde "Das Horoskop" (1966). Für "Das Horoskop" war wie auch für "Die Verschwörung" der Blick des Künstlers aus einem italienischen Hotelfenster auf die gegenüberliegende Hauswand das initiierende Moment. Der Gegenstand selbst, wie auch sein bizzarer Schattenwurf, fesselten Klapheck so, dass er diesen zunächst in einem Foto und einer Zeichnung festhielt und im Folgenden dann malerisch umzusetzen versuchte. Die Komposition unseres leuchtenden Gemäldes unterscheidet sich jedoch deutlich von der nahezu motivgleichen Arbeit in der Pinakothek der Moderne: Durch die stärkere Fokussierung und Ausschnitthaftigkeit, den stärker zoomartig gewählten Bildausschnitt und die gleichzeitige Reduktion der Farbwerte wird ein eindrucksvoller Minimalismus erreicht, der sowohl Assoziationen an die Kunst der "ZERO"-Bewegung als auch an die deutlich späteren Schöpfungen Eberhard Havekosts wachruft. Der Bildtitel "Die Verschwörung" ist wohl Hinweis auf die durch diese ominösen Leitungen geführten Gespräche und damit hat Klapheck den in Isolation und Monumentalisierung gezeigten Bildgegenstand wieder in Bezug zu dem ihn erschaffenden Menschen gesetzt. "Die Verschwörung" liefert nicht nur ein besonders schönes Zeugnis von Klaphecks einzigartiger Bildsprache, sondern darüber hinaus auch seiner herausragenden künstlerischen Progressivität. [JS]



178
Konrad Klapheck
Die Verschwörung, 1967.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 312.500

(inkl. Käuferaufgeld)