Auktion: 306 / Modern Art und Post War am 05.12.2006 Lot 111

 
Wladimir Georgiewitsch von Bechtejeff - Die Kurtisane


111
Wladimir Georgiewitsch von Bechtejeff
Die Kurtisane, 1910.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 110.000
Ergebnis:
€ 473.850

(inkl. Käuferaufgeld)

Die Kurtisane. 1910.
Öl auf Leinwand mit Rupfen hinterspannt.
Links unten monogrammiert. 93 x 153,5 cm ( 36,6 x 60,4 in).

PROVENIENZ: Hans und Charlotte Goltz, München (seitdem in Familienbesitz).

Ausstellung: Neue Künstlervereinigung München, 2. Ausstellung, Moderne Galerie Thannhauser, München 1910, Nr. 3.
Der Blaue Reiter und das neue Bild. Von der "Neuen Künstlervereinigung München" zum "Blauen Reiter", Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 2.7.-3.10.1999, Kat.Nr. 85, S. 340, Farbabb. 50.

LITERATUR: Das Neue Bild, Veröffentlichung der Neuen Künstlervereinigung München, mit einem Text von Otto Fischer, München 1912, Tafel II.

Nach Beendigung seiner Ausbildung an der Militär-Akademie in Moskau beginnt Bechtejeff 1902 an der Moskauer Akademie der Künste Malerei zu studieren. Auf Rat Jawlenskys kommt er noch im selben Jahr nach München, wo er bis 1905 bei Heinrich Knirr sein Studium fortsetzt. Von 1906 bis 1909 lebt der Künstler in Paris. Nach München zurückgekehrt, tritt er 1909 der "Neuen Künstlervereinigung München" bei, die er 1912 wieder verlässt.

Bechtejeffs Werke jener Zeit stehen in ihrer leuchtenden Farbigkeit unter dem starken Einfluss Jawlenskys, während der flirrende Duktus an Werke des Spätimpressionismus denken lässt. Wie viele seiner Künstlerfreunde in Paris und München setzt er sich intensiv mit den Werken der Alten Meister und des französischen Impressionismus auseinander. Unser Werk ist eine Paraphrase auf eines der bedeutendsten Gemälde der französischen Kunst des 19. Jahrhunderts - die "Olympia" von Edouard Manet, entstanden 1863. Mit Sicherheit hat es Bechtejeff während seiner Pariser Zeit im Louvre gesehen. Ging es Manet darum, den Betrachter durch den direkten Blick der hingestreckten Aktfigur und ihre strahlend weiße Nacktheit zu schockieren, so hat Bechtejeff zwei Generationen später ganz andere Intentionen: Hier präsentiert sich die Kurtisane dem Publikum, ohne jedoch mit ihm Kontakt aufzunehmen. Sie und ihre Begleiter wenden sich ab, sind ganz in sich versunken und keine Interaktion stört ihre träumerische Abwesenheit von der Welt. Ebenso unterscheidet sich die Farbgebung vom großen Vorbild. Manets delikater Akt auf weißem Laken gewinnt seine Brillanz vor dem dunklen Hintergrund - bei Bechtejeff leuchtet die gesamte Leinwand in intensiver Farbigkeit. Er setzt den Akt gekonnt in Szene und arbeitet das Inkarnat mit hoher Malkultur heraus. Die an Kirchenfenster erinnernde Einfassung der Farbflächen mit dunklen Linien findet sich in dieser Zeit bei mehreren Mitgliedern der Künstlervereinigung, u.a. bei Kandinsky, Münter und Jawlensky.

Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges bricht Bechtejeffs künstlerische Entwicklung abrupt ab. Er kehrt nach Russland zurück und wird sofort zum Militärdienst eingezogen. Seine darauf folgende Beschränkung auf die Illustration ist wohl politisch motiviert, schützt ihn aber 1941 nicht vor der Deportation nach Sibirien, wo er bis 1949 bleiben muss. Bechtejeffs künstlerisches Werk ist in großen Teilen verschollen. Das Lenbachhaus in München besitzt eine bedeutende Sammlung seiner Gemälde aus der Münchner Zeit. [KR]




111
Wladimir Georgiewitsch von Bechtejeff
Die Kurtisane, 1910.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 110.000
Ergebnis:
€ 473.850

(inkl. Käuferaufgeld)